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3 Fragen an ...

Prof. Dr. Joachim Ragnitz - Stellvertretender Leiter der ifo Niederlassung Dresden

Internationale Konflikte und Handelsstreitigkeiten wirken zunehmend auf Wertschöpfungsketten und Investitionsentscheidungen. Welche volkswirtschaftlichen Risiken sehen Sie für die ostdeutsche Bauindustrie?

Prof. Dr. Joachim Ragnitz: Die direkten Auswirkungen internationaler Krisen auf die heimische Bauwirtschaft sind eher gering, da die wenigsten Baufirmen tatsächlich im Ausland tätig sind. Aber indirekte Wirkungen gibt es schon: Nachfrageseitig über mögliche negative Einkommenseffekte bei den Auftraggebern, eine stärkere Verunsicherung von Bauherren, unter Umständen auch Zinssteigerungen. Und angebotsseitig über eine Verknappung und damit Verteuerung von Vorprodukten, die aus dem Ausland bezogen werden, möglicherweise auch durch Preissteigerungen bei international gehandelten Gütern, die auch in der Bauwirtschaft Verwendung finden.

Die Diskussion um strategische Resilienz – also die Widerstandsfähigkeit wirtschaftlicher Strukturen gegenüber externen Schocks – hat durch geopolitische Unsicherheiten neuen Auftrieb erhalten. Welche Rolle können regionale Wertschöpfungsketten aus volkswirtschaftlicher Sicht künftig spielen?

Prof. Dr. Joachim Ragnitz: Der große Vorteil internationaler Arbeitsteilung ist es ja, dass Güter von dort bezogen werden, wo sie billiger hergestellt werden können als in Deutschland. Nur dort, wo mögliche Lieferengpässe bei Bezug aus dem Ausland weitreichende Folgen auch für nachgelagerte Wirtschaftszweige oder die Versorgungssicherheit bei unabdingbaren Produkten haben, erscheint der Aufbau einer eigenen Produktion sinnvoll – die höheren Kosten kann man dann als Versicherung gegen Lieferausfälle betrachten. Eine bessere Strategie wäre es aus meiner Sicht allerdings, wenn man stärker diversifiziert, also die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern zu verringern versucht. Bei vielen Produkten ist das auch möglich.

Steigende Energiepreise infolge globaler Krisen treffen die Bauindustrie besonders stark. Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht geeignet, die Preisvolatilität für energieintensive Branchen abzufedern?

Prof. Dr. Joachim Ragnitz: Steigende Energiepreise sind zwar ein Ärgernis, aber für die allermeisten Branchen wegen des geringen Anteils an den Gesamtkosten dennoch verkraftbar – viel wichtiger sind im Regelfall die Arbeitskosten, bei denen bereits geringe Steigerungen zu einer massiven zusätzlichen Belastung der Betriebe führen. Und bei den wirklich energieintensiven Branchen – zum Beispiel Chemie, Metallerzeugung, Papierindustrie – muss man sich halt immer fragen, ob es günstiger ist, die Endprodukte zu importieren oder sie tatsächlich hier herzustellen. Wenn Deutschland diese Branchen dauerhaft behalten will, sollte man eher in Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz investieren und dies auch politisch unterstützen, um von dieser Seite her die Anfälligkeit gegenüber hohen Energiepreisen zu verringern.

 


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